Forderungen an die Bremer Landesregierung für Bremer Afghan*innen

1. Landesaufnahmeprogramm nach § 23 Abs. 1 AufenthG

Bremen hat als Bundesland rechtlich die Möglichkeit afghanische Staatsangehörige, die Verwandte in Bremen haben und/oder besonders gefährdet sind, aufzunehmen und ihnen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG zu erteilen. Die Kriterien zur Aufnahme kann Bremen im Landesaufnahmeprogramm selbst bestimmen und diese anschließend dem Bundesinnenministerium zur Einordnung des Einvernehmens vorlegen. Damit möglichst viele Menschen von einem solchen Programm profitieren können und es in der konkreten Praxis solidarisch umsetzbar ist, müssen folgende Punkte umgesetzt werden:

  • Das Ermöglichen des Familiennachzugs für Afghan*innen, die einen familiären Bezug zu Bremen haben. Kein verengter Familienbegriff, auch volljährige Familienangehörige und Angehörige zweiten und dritten Grades müssen miteinbezogen werden.
  • Die Aufnahme von besonders Gefährdeten: ethnischen und religiösen Minderheiten, Journalist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, LGBTIQ*-Personen und sonstigen Personengruppen, die besonders gefährdet sind.
  • Keine Zahlenbegrenzung bei der Aufnahme von Schutzsuchenden.
  • Der Verzicht auf eine Verpflichtungserklärung: Damit der Zugang zum Landesaufnahmeprogramm nicht zu einer Frage der finanziellen Lage der Schutzsuchenden wird und Schutzbedürftige nicht auf diese Weise ausgeschlossen werden, muss Bremen auf die Verpflichtungserklärungen verzichten. Eine Verpflichtungserklärung ist in § 23 Abs. 1 AufenthG lediglich als Kann-Regelung formuliert, sodass Bremen auf diesen verheerenden Ausschlussmechanismus tatsächlich verzichten kann.

Je mehr Bundesländer dem Bundesinnenministerium Landesaufnahmeprogramme vorlegen, desto größer wird der Druck auf das BMI, diesen Aufnahmeprogrammen zuzustimmen. Wir wissen, dass das Bundesinnenministerium Abschiebungen meist befürwortet und nicht freiwillig Verantwortung für die Aufnahme von Afghan*innen übernehmen wird. Daher muss sich Bremen als Bundesland an den bundesweiten Landesaufnahmeprogrammen beteiligen.

2. Ausnahmsloser Abschiebestopp

Bis heute gibt es in Bremen keinen offiziellen Abschiebestopp für Afghan*innen. Im Gegenteil: noch bis vor Monaten hat sich Bremen aktiv an Dublin-Abschiebungen von Afghan*innen beteiligt. Spätestens nach den aktuellen Entwicklungen ist es klar, dass Abschiebungen nach Afghanistan sowie Dublin-Abschiebungen von afghanischen Staatsangehörigen in andere EU-Staaten unter keinen Umständen durchgeführt werden dürfen. Bremen braucht eine formellen Abschiebe-Stopp.

3. Sicherer Aufenthalt für alle hier in Bremen lebenden Afghan*innen

Alle Afghan*innen, die bis heute keinen sicheren Aufenthalt haben, müssen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Folgende Aufenthaltserlaubnisse müssen durch das Migrationsamt Bremen und die Ausländerbehörde Bremerhaven prioritär geprüft und umgesetzt werden:

  • Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG: Alle Afghan*innen, die sich seit dem Tag der Eroberung durch die Taliban in Bremen aufhalten und oder noch hierher flüchten werden, haben das Recht auf einen Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
  • Aufenthaltserlaubnis nach § 25a und § 25b AufenthG: Das Migrationsamt Bremen und die Ausländerbehörde Bremerhaven prüfen proaktiv nach, welche Personen ein Recht auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a und § 25b haben und kontaktieren diese Personen aktiv.
  • Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG: Sollten die vorherigen Aufenthaltserlaubnisse nicht erteilt werden können, so muss das Migrationsamt bzw. die Ausländerbehörde Bremerhaven alle weiteren Personen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilen. Die Taliban haben die Macht in Afghanistan. Eine Ausreise nach Afghanistan ist damit sowohl aus tatsächlichen Gründen als auch aus rechtlichen Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich.

4. Mitwirkungspflicht absetzen und Reisedokumente für Afghan*innen ausstellen

Afghanische Pässe und sonstige Dokumente zur Identitätsklärung können faktisch nicht beschafft werden. Das Vorsprechen vor Konsulaten und Botschaften zur Beantragung von Dokumenten ist unzumutbar. Auch in Afghanistan selbst können keine Dokumente beschaffen werden, da die Taliban geflohene Afghan*innen und ihre nicht-geflohenen Verwandten mit dem Leben bedrohen. Dadurch ist faktisch und rechtlich eine Mitwirkungspflicht nicht zumutbar. Alle Afghan*innen, die keine Reisedokumente haben, sollen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Reisedokumente ausgestellt bekommen.

5. Familiennachzug erleichtern

Neben dem Landesaufnahmeprogramm sollte der Familiennachzug zu Personen, die über Aufenthaltserlaubnisse nach §§ 22, 23 Abs. 1 oder Abs. 2 oder § 25 Abs. 3 oder Abs. 4a Satz 1, § 25a Abs. 1 oder § 25b Abs. 1 AufenthG verfügen, gelten.

Auch hierbei sollte von einer Verpflichtung zur Lebensunterhaltssicherung sowie dem Nachweis nach ausreichendem Wohnraum abgesehen werden. Das Migrationsamt bzw. die Ausländerbehörde Bremerhaven sollen zur Beschleunigung der Verfahren in allen Fällen eine Vorabzustimmung erteilen.