Tragfähige, nachhaltige Lösungen statt
Kindeswohlgefährdender Politik

In Vorort-Hotels oder Containern untergebracht, angeblich ausreichend „betreut“, aber rechtlich allein gelassen – die Unterstützung von minderjährigen Flüchtlingen, insbesondere jener ohne Eltern, überfordern Behörden und Politik. Dabei wird allenthalben der Schutz des Kindeswohls als Priorität benannt. Sichtbar wird das nicht.

Wir fordern die Verantwortlichen auf, zeitnah ein tragfähiges Unterbringungs- und Betreuungskonzept unter Berücksichtigung der besonderen Bedarfe der elternlosen minderjährigen Jugendlichen zu entwickeln und vorzulegen, um dieser Gruppe von besonders schutzbedürftigen  Flüchtlingen eine (Lebens)Perspektive zu eröffnen.

Die Situation ist altbekannt. Die erfolglosen Lösungsversuche der Verantwortlichen ebenso: Bereits seit  2010 hat sich die Zahl der in Bremen ankommenden unbegleiteten Minderjährigen (UMF) von Jahr zu Jahr verdoppelt.1 Dennoch behaupten Senat und Behörden, diese Entwicklung sei nicht vorhersehbar gewesen. Und nun, im Herbst 2014, verkündet Bürgermeister Böhrnsen auf einmal, Bremen sehe sich nicht mehr in der Lage, das Wohl der Flüchtlingskinder zu sichern.2

Dabei haben bereits 2011 UNHCR und BUMF die Situation in Bremen evaluiert und daraufhin Handlungsempfehlungen u.a. in Bezug auf Unterbringung, Altersfestsetzung und Clearing formuliert3. Seit 2013 gibt es massive Kritik an Senat und Behörden, intern und öffentlich, wegen der gefährdenden und unwürdigen Unterbringung- und Betreuungssituation der Minderjährigen insbesondere in der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST), wo Minderjährige über Wochen und Monate ohne adäquate Betreuung leben. Es fehlt nach wie vor an kultursensiblen Ernährungsangeboten sowie dem Zugang zu Bildung und Deutschkursen, Gesundheitssystem und rechtlicher Beratung.

Zwar gab es Lösungsansätze4, doch zunehmend wurde eine öffentliche Hilf- und Verantwortungs-losigkeit offenbar, die unlängst in dem Vorschlag gipfelte, UMF mittels Quotenregelung auszugrenzen, angefeuert durch die Stigmatisierung einzelner, vermeintlicher „Problem-Kids“. Wo aber bleibt die Verantwortung für das Kindeswohl und die Schutzbedürftigkeit aller Minderjährigen?

Sie wird wissentlich ignoriert. Die Verantwortung dafür trägt die Landesregierung inklusive der Jugendbehörde, deren Fachaufsicht u.a. in der ZAST versagt hat. So rutscht die hiesige Landespolitik in den Sog einer Politik der 1990er Jahre.

Wir fordern:

Entwickeln Sie ein tragfähiges Konzept für UMF in Bremen und beenden Sie die Kindeswohlgefährdende Unterbringung

1. Unmittelbare Inobhutnahme aller UMF und jugendhilfegerechte Unterbringung
2.
Schaffung von ausreichendem Wohnraum
3.
Einrichtung eines flächendeckenden Clearingverfahrens
4.
Eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage der Altersfestsetzung
5.
Sofortige bedarfsgerechte Beschulung für alle UMF
6.
Umverteilung von Geldern statt von Menschen!
7.
Sicherer Aufenthalt für alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge

Eine ausführliche Stellungnahme gibt es hier, Reaktion aus der Presse gibt es im Bereich Presse.


[1] 2010 wurden 25 Minderjährige in Bremen in Obhut genommen (b-umf.de). 2011 kamen laut Staatsrat Frehe 53 unbegleitete junge Flüchtlinge nach Bremen, 2012 waren es 102, 2013 dann 200 und bis September diesen Jahres 285. Mehr als 300 werden es wohl bis Ende des Jahres sein. Allein im August und September seien 130 Kinder angekommen.“ (2.10.2014, www.kreiszeitung.de)
[2] https://www.radiobremen.de/politik/nachrichten/boehrnsen-jugendliche-fluechtlinge100.html
[3] https://www.b-umf.de/de/startseite/bericht-ueber-die-situation-von-umf-in-bremen
[4] Rückblick: Im Frühjahr 2013 haben der Bremer Flüchtlingsrat und der Verein Fluchtraum gemeinsam ein Positionspapier mitsamt konkreter Forderungen veröffentlicht. Daraufhin wurde die Betreuung der Minderjährigen in der ZAST personell gestärkt, ohne aber eine den Kinder- und Jugendhilfestandards oder den Vorgaben der Landesjugendbehörde entsprechende Unterbringung und Betreuung zu gewährleisten. Stattdessen kamen weitere wenig fachgerechte adhoc-Lösungen dazu, u.a. Hotels, Mobilbauten etc. Eine Clearingstelle, die nicht für alle Minderjährigen vorgesehen ist, wurde erst im Herbst 2014 eingerichtet.