Stellungnahme des Bündnisses BIPoC Bremen zur
Pressemitteilung der Partei Bündnis 90/Die Grünen

In Bezug auf die Pressemitteilung der Partei Bündnis 90/Die Grünen Landesverband Bremen vom 09.04.2020 über die Erstaufnahmeeinrichtung in der Lindenstraße in Vegesack äußert sich das Bündnis BIPoC Bremen wie folgt:

Liebe Grüne Bremen,

wir, das BIPoC Bündnis Bremen, sind ein Zusammenschluss von gut 70 Menschen, die sich als Schwarz, Indigen, People of Color, Sinte:zza, Romn:ja, Migrant:innen positionieren. Ausgehend von der Vision einer Gesellschaft, in der jeder Mensch politische, soziale, rechtliche, ökonomische und symbolische Gleichwürdigkeit erfährt, haben wir uns zusammengetan, um alltäglichen und struktu- rellen Rassismen sowie weiteren Macht- und Diskriminierungsverhältnissen entgegenzutreten. Wir sind diejenigen, die nicht nur unmittelbar Betroffene von Rassismus sind, sondern auch die, die sich seit Jahren und Jahrzehnten aktivistisch und wissenschaftlich mit gesellschaftlichen Macht- und Herr- schaftsverhältnissen auseinandersetzen. Und übrigens – wir sind auch diejenigen, die Ihr, Liebe Grüne Bremen, gerne dann und wann in Beschlag nehmt. Vor allem dann, wenn Ihr gerade wieder ein paar mehr Menschen und Gruppen mit diesem äh Migrationsdingsda braucht, um Eure antirassistisch ge- labelten Veranstaltungen und Wahlkampfveranstaltungen ein wenig ‘echter’ zu gestalten. Doch heute lassen wir uns mal nicht von euch instrumentalisieren für Eure interkulturellen Tänzchen. Sondern wir sprechen. Und Ihr hört jetzt zu.

Wir haben Eure Stellungnahme vom 9. April 2020, in der Ihr euch auf die Forderungen zur Schlie- ßung der Lindenstraße bezieht, zur Kenntnis genommen. ‘Shut down Lindenstraße – Corona-Protec- tion is everybody’s right’ sind Forderungen der Bewohner:innen der Lindenstraße und Geflüchteten- selbstorganisationen und werden von weiteren Bremer Organisationen und Institutionen ausnahmslos unterstützt. So auch von uns.

Eure Stellungnahme zu diesen Forderungen hat uns im Bündnis nicht überrascht. Als Betroffene von Rassismus sind wir es gewohnt, dass sich Gruppen, Organisationen und politische Parteien unter dem Deckmantel eines selbst ausgestellten, antirassistischen Qualifikationszeugnisses rassistischer und paternalistischer Narrative bedienen. Dass sie Opferrhetoriken kultivieren. Dass sie, in der Kontinu- ität kolonialer Praxen, die Stimmen und Forderungen von geflüchteten Aktivist:innen silencen. Nach Eurer Stellungnahme disqualifizieren wir Euch, Liebe Grüne Bremen, bis auf weiteres als eine ge- eignete Partei für die Ausrichtung von und Kooperation mit allen vergangenen und zukünftigen anti- rassistisch gelabelten Veranstaltungen, (Wahl-)Kampagnen und Festivals sowie für die Veröffentli- chung inhaltlicher Stellungnahmen im Kontext Rassismus, Migration, Flucht. Wir entziehen euch das antirassistische Qualifikationszeugnis. Es reicht!

Nachfolgend werden wir die Stellungnahme aufschlüsseln, um zu verdeutlichen, weshalb das anti- rassistische Gewand der Bremer Grünen nichts weiter ist als ein poröser Kittel, der Ihr herrschaftli- ches Dominanzgehabe nicht einmal ansatzweise zu verdecken vermag.

Ihr schreibt, die Protestierenden seien ‘verunsichert’ und zeichnet damit ein Bild von Geflüchteten, die von der Mehrheitsgesellschaft (also euch) “gerettet” werden müssten. Anstatt den Stimmen der Protestierenden Gehör zu schenken. Anstatt Geflüchtete in ihrer Agency und Selbstbestimmung an- zuerkennen. Anstatt anzuerkennen, dass es sich bei den Protestierenden in der Lindenstraße und an- deren Massenunterkünften um Personen handelt, die wie jede andere Person auch, Menschenrechte haben. Und, die von den Verantwortlichen in dieser Stadt die Einhaltung dieser Rechte einfordern. Doch ihr silenct ihre Forderungen, verzerrt ihren Inhalt. Und beschönigt und verkleinert die Empö- rung der Geflüchteten über jene menschenunwürdigen Zustände, die Ihr für sie geschaffen habt, zu einer bloßen Verunsicherung.

Ihr sprecht von ‘vereinzelten Protesten’. Wir sagen: Macht die Augen auf! Schaut auf die vielzähli- gen Bewegungen, die in verschiedensten Massenunterkünften und städteübergreifend laufen! Indem Ihr sie alle als vereinzelte Proteste bagatellisiert, werden die Protestierenden zu einzelnen Störer:in- nen konstruiert und untereinander gespalten. Indem Ihr eine binäre Ordnung zwischen ‘guten’ und ‘bösen’ Geflüchteten herstellt, bedient Ihr euch – Ihr die ihr euch gern als Antirassist:innen in der Stadt inszeniert – ganz klar einer rassistischen Logik. Würdet Ihr Eure Augen und Ohren aufreissen, so würdet ihr mitbekommen: Die Protestierenden verfolgen nur ein Ziel – eine menschenwürdige Unterbringung ausnahmslos für alle! Das zu relativieren kann nicht in Eurem Sinne sein. Und ist es scheinbar doch. Darüber hinaus: Ihr seid euch auch nicht zu schade, die Arbeit zahlreicher Organisa- tionen, die seit Monaten und Jahren gemeinsam für eine Verbesserung ihrer Lebenslage kämpfen, zu degradieren und unsichtbar zu machen. Die Geflüchteten sind nicht alleine und die Proteste nicht vereinzelt. Bei der zweiten Kundgebung, am 2. April 2020, waren ca. 300 Personen anwesend, mehr- heitlich Bewohner:innen der Lindenstraße und verschiedenste Unterstützer:innen. Neben weiteren Gruppen unterstützt auch die Gewerkschaft der Sicherheitsdienste die Forderungen der Protestieren- den.

Ihr behauptet eine Schließung der Lindenstraße führe dazu, dass keine Geflüchteten aus Grie- chenland aufgenommen werden können. Hier werden die Protestierenden aus der Lindenstraße und anderen Bremer Massenunterkünften gegen andere Geflüchtete ausgespielt, die immer noch in Grie- chenland unter den unvorstellbarsten, menschenunwürdigsten Bedingungen leben müssen. Euer Ar- gument: Eine Farce. Die Verantwortung für die ausbleibende Aufnahme der Geflüchteten aus Grie- chenland wird hier auf dem Rücken genau der Menschen abgewälzt, die die Lebenslage von Geflüch- teten in Deutschland verbessern wollen. Um es einmal klar zu sagen: Nicht die Protestierenden der Lindenstraße wären Schuld daran, wenn keine Geflüchteten aus Griechenland aufgenommen werden würden. Sondern Ihr, weil es Euer Job ist, weil es in Eurer politischen Verantwortung liegt, der ihr nicht nachkommt! Kleine Richtigstellung anbei: Von den 50 Geflüchteten aus Griechenland, von denen wiederum 0,5 Personen auf Bremen fallen, werden genau keine in der LASt untergebracht werden – weil es sich bei ihnen um unbegleitete Minderjährige handelt. Darüber hinaus: In Eurem Argument spielt Ihr nicht nur unterschiedliche Geflüchtetengruppen gegeneinander aus, sondern Ihr wiegt auch universelles Menschenrecht auf. In Eurer Logik erscheint Menschenrecht als ein knappes Gut, dass es sorgsam zu verteilen gilt: ‘Wenn geflüchtete Menschen hier vor Ort ein drittes Stück von der Menschenrechtstorte bekommen sollen, dann heißt das, dass Ihr den Menschen in Griechenland ein Tortenstück weniger geben könnt’. In Eurer Argumentation werden Menschenrechte rationali- siert. Aber: Die universellen Menschenrechte sind nicht etwas, was sich je nach Wetterlage mal groß- zügig, mal weniger großzügig verteilen lässt. Menschenrechte lassen sich nicht quantifizieren. Sie lassen sich nicht gegeneinander aufwiegen, wie Ihr es im Falle der Menschenrechte der Geflüchteten in Griechenland und der Geflüchteten vor Ort tut. Jedes Individuum hat Menschenrechte. Punkt. Da- her wäre eure Argumentationslinie auch dann noch hinfällig, wenn ihr tatsächlich beschließen würdet, mehr Menschen als seitens der Bundesregierung bislang geplant in Bremen aufzunehmen. Und ver- gesst nicht: Es ist nicht ein Gefallen, eine Nettigkeit, den ihr damit Menschen erweist. Sondern schlicht euer Job.

Ihr behauptet, eine dezentrale Unterbringung Geflüchteter in Bremen führe dazu, dass diese dann nach Niedersachsen reisen müssten. Auch dieses Argument ist nicht haltbar. Aufgrund der Corona- bedingten Einschränkungen sind alle Anhörungen verschoben und alle Abschiebungen ausgesetzt. Es gibt daher noch nicht einmal eine rechtliche Notwendigkeit für zentrale Aufnahmestellen.

Ihr bezeichnet die Zusammenarbeit von BAMF und sozialen Diensten als ‘gut’ und ‘schnell’ und meint damit eigentlich das negative Abschließen von Asylverfahren. Die zentrale Unterbringung der Asylsuchenden erleichtert Euch deren Abschiebung aus Deutschland, weil sie so greifbar und kon- trollierbar bleiben.

Ihr rechtfertigt die zentrale Unterbringung in Massenunterkünften damit, dass es kaum bezahlba- ren Wohnraum in Bremen gibt. Dieses Argument ist schlichtweg hinfällig. In Bremen stehen Ge- bäude leer, tausende Hotelzimmer sind unbelegt. Mehrere Hotelbetreiber:innen haben zudem bereits eingewilligt, ihre Zimmer zur dezentralen Unterbringung von Menschen in prekären gesundheitsge- fährdenden Lagen in Corona-Zeiten zur Verfügung zu stellen. Deren Angebote schlagt Ihr jedoch aus.

Ihr wollt jetzt für flächendeckendes WLAN sorgen. Das Fehlen von WLAN ist nicht erst seit Corona problematisch. Es ist scheinheilig jetzt erst und unter dem Vorwand der Fürsorge für Internetzugang zu sorgen. Genauso wie Euer gönnerhaftes ‘Hilfsangebot’ zur Bildung eines Bewohner:innen-Beirats. Die Bewohner:innen stehen bereits in einem Dialog mit den Behörden und ihre Forderungen werden von euch, den Grünen, abgelehnt. Euer Hilfsangebot verdeutlicht: Kritik darf von den Bewohner:in- nen nur in dem Rahmen geäußert werden, den Ihr vorschreibt! Wer sich selbstständig und ohne Eure paternalistische Einmischung zusammenschließt und Kritik formuliert – der wird nicht gehört. Und mal ernsthaft: Derzeit geht um nichts weniger als um Entscheidungen über Leben und Tod. Es geht darum, dass das Recht auf körperliche, psychische und seelische Unversehrtheit der Menschen in Massenunterkünften durch Eure Politik massiv beschnitten wird. Das missachtet Ihr. Und dann wollt Ihr von uns Applaus dafür, dass Ihr für mehr WLAN sorgt? Wirklich? Erscheint euch dieses Argu- ment nicht selbst unglaublich perfide?

Zu guter Letzt fordert Ihr ein solidarisches Miteinander. Doch in Eurer Rhetorik konkurrieren Ge- flüchtete der LASt mit variabel austauschbaren Menschen: Mit anderen Geflüchteten der Linden- straße, Geflüchteten aus Griechenland, Mitarbeiter:innen der AWO, Wachleuten, Alleinerziehenden, Wohungslosen, Menschen mit geringem Einkommen und mit alten Menschen. Ihr fordert ein solida- risches Miteinander – gleichzeitig hierarchisiert Ihr Betroffenheiten und spielt gesellschaftliche Grup- pen gegeneinander aus. Gleichzeitig haltet Ihr euch die Ohren zu, wenn Bewohner:innen von den Gewalterfahrungen durch einzelne Security-Mitarbeiter:innen berichten. Gleichzeitig verschließt Ihr die Augen davor, dass Mitarbeiter:innen der AWO ihr sozialarbeiterisches Mandat – das nach der Definition des IFSW lautet, im Sinne der Menschenrechte zu handeln sowie Ausgrenzung und dis- kriminierende Praktiken eindeutig zurückzuweisen – missachten und sich stattdessen unfreundlich, abwertend und diskriminierend den Bewohner:innen gegenüber verhalten. Ein solidarisches Mitei- nander ist nur dann möglich, wenn sich alle Akteur:innen auf Augenhöhe begegnen können. Eure Politik verhindert eine Begegnung auf Augenhöhe ganz aktiv. Und so bleibt von Eurer Forderung nach einem solidarischen Miteinander nichts weiter übrig als eine leere Worthülse, die sich dieser Tage medial gut verkaufen lässt.

Die Opferrhetoriken der Bremer Grünen:

Eure Stellungnahme zeigt sehr deutlich, dass Ihr den Gewaltbegriff „Wir werden bedroht“ zur Durch- setzung Eurer Interessen umdeutet. Ihr manifestiert und kultiviert machtvolle Opferrhetoriken, indem ihr Herrschaftsstrukturen ausblendet. Ihr spaltet Eure eigene Machtposition von Euch ab, projiziert diese auf Andere und entzieht Euch damit der Verantwortung für Euer eigenes Handeln. Wir sehen das und durchschauen Eure selbstgerechten Opferdiskurse als Ausdruck christlicher Dominanzkultur,

in der Ihr als Grüne Bremen verstrickt seid. Opferrethoriken haben gerade im deutschen Kontext eine historische Tradition. Derzeit werden sie insbesondere von rechten Parteien und Gruppen instrumen- talisiert, um sich gegen jedwede Kritik immun zu machen. Wollt Ihr Euch als Grüne Bremen ernsthaft jener rechter Praktiken bedienen? Versucht Ihr Euch so verzweifelt immun zu machen gegen jedwede zivilgesellschaftliche Kritik, dass Ihr nach solchen Praktiken greifen müsst?

Unschlüssige Argumentationskette der Bremer Grünen:

Ihr bemüht euch um eine schrittweise Verbesserung, schreibt Ihr. Doch gerade während der Corona- Pandemie, in der „das Undenkbare plötzlich denkbar wird“, sollen Camps die Ausnahme sein? Das globale Wirtschaftssystem wurde von einem Tag auf den anderen nahezu stillgelegt; Branchen wie Handel, Produktion, Verkehr werden nur systemrelevant betrieben; wichtige öffentliche Institutionen werden dezentral organisiert, Schulen, Unis und andere Einrichtung wurden geschlossen. Wie könnt Ihr vor dem Hinblick dessen, was alles derzeit an sofortigen Veränderungen und Schließungen mög- lich ist, die Aufrechterhaltung solcher Massenunterkünfte rechtfertigen? Merkt Ihr nicht, dass Ihr euch in dem Versuch, die Beibehaltung von Massenunterkünften zu begründen in rassistischen Ar- gumentationsketten verfangt? In der gesamten Stellungnahme sticht außerdem heraus, dass Ihr un- schlüssige Argumentationstechniken benutzt, um von den eigentlichen Problemen abzulenken – was sonst again eine Taktik rechter Parteien ist.

Wenn Unrecht zum Normalzustand wird:

Die kasernierte Unterbringung von geflüchteten Menschen in Deutschland wird seit Jahrzehnten von zahlreichen Geflüchtetenselbstorganisationen, NGOs, zivilgesellschaftlichen Akteur:innen und Wis- senschaftler:innen kritisiert und skandalisiert. Die Erziehungswissenschaftlerin Vicky Täubig analy- siert die Unterbringungspraktiken von asylsuchenden Menschen als Organisierte Desintegration:

„Im Begriff organisierte Desintegration werden also Asylrecht, Migrationstheorien und das Konzept totale Institution zusammengeführt. Organisierte Desintegration steht für das asyl- und aufenthaltsrechtliche Struk- turgeflecht, das für Asylbewerber und „Geduldete“ als Angehörige einer bürokratischen Kategorie hergestellt wird. In diesem Strukturgeflecht ist Desintegration angelegt und es lässt sich in spezifischen Momenten mit dem Konzept der totalen Institution fassen.“ (Täubig 2009: 58).

Die zentrale Landesaufnahmestelle in der Lindenstraße, die Massenunterkunft in der Alfred-Faust- Straße und weitere Unterbringungsformen stellen eine Manifestierung von Unrechtspraktiken dar, deren architektonisches Gebilde sich ins Zeitalter des Kolonialismus zurückführen lässt. Doch sie sind zum Normalzustand geworden. Ihr wiederum tragt mit eurer Stellungnahme zu einer Verfesti- gung und fortschreitenden Normalisierung dieser Unrechtpraktiken bei. Zur fortschreitenden Norma- lisierung dieser totalen Institution Asyl, der organisierten Desintegration. Anstatt Camps als Ort der Aufbewahrung von Menschen entlang der universellen Menschenrechte zu delegitimieren, bringt Ihr zahlreiche unhaltbare Argumente ins Feld, um deren Existenz zu rechtfertigen. Und spätestens hier wird sichtbar, dass Eure antirassistischen Parolen nichts weiter sind als Eure scheinheilige Inszenie- rung, um weitere Wähler:innen zu gewinnen.

Das antirassistische Kapital der Grünen gerät ins Wanken:

In heutigen Zeiten gilt: Wer sich antirassistisch engagiert, gewinnt an symbolischem Kapital. An einer Anhäufung an symbolischem Kapital seid auch Ihr als Bremer Grüne interessiert. Denn nur so könnt Ihr Eure Regierungsbestrebungen absichern und Eure institutionelle Machtposition wahren. An

einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Verstrickungen der eigenen Person und der eige- nen (politischen) Praktiken in rassistische Machtverhältnisse seid Ihr nicht interessiert. Denn das scheint nicht hip genug zu sein und Selbstreflexion als Wahlkampfmotto zündet nicht ganz. Emanzi- patorische rassismuskritische Arbeit gelingt aber nicht ohne selbstkritische Auseinandersetzungen mit den eigenen rassistischen Verstrickungen. Und so ist Euer antirassistisches Symbolkapital per- manent davon bedroht, sich in seiner Wertlosigkeit zu offenbaren. So auch in diesen Zeiten, in denen es – im Zusammenhang mit den Schließungen von Massenunterkünften für Geflüchtete – fundierte rassismuskritische Positionen braucht. Positionen, die Geflüchtetenzusammenschlüsse und andere solidarische Gruppen in Bremen ganz klar formulieren. Wozu Ihr nicht in der Lage seid. Und was macht Ihr nun, um Eure sich abzeichnenden Kapitalverluste zu verhindern? Ihr schießt in Form von Stellungnahmen wie diese gegen rassismuskritisch arbeitende Vereine und Gruppen – so auch gegen den Flüchtlingsrat Bremen. Denn, wenn Ihr es schafft, die rassismuskritische Arbeit anderer Gruppen als wertlos darzustellen, habt Ihr die Bedrohung abgewendet, dass sich Euer eigenes antirassistisches Kapital als wertlos entpuppen könnte. Das Problem ist jedoch: Wir als BIPoC-Bündnis kennen diese Strategien nur zu gut! Wir kennen sie insbesondere von zahlreichen dominanzkulturell geprägten Gruppen, Vereinen und Parteifraktionen, die sich mit antirassistischer Arbeit schmücken. Die nicht bereit sind zu begreifen, dass ernsthafte emanzipatorische rassismuskritische Arbeit, die auf den Ab- bau von Macht- und Herrschaftsverhältnissen abzielt, zuallererst bedeutet: Die eigene hegemoniale Deutungsmacht in Frage zu stellen und die eigene gesellschaftliche Machtposition aufzugeben. Wir haben jene Strategie auch bei Euch, den Grünen in Bremen durchschaut. Und wir sagen Euch daher: Solange Ihr solcherlei unsolidarischen politischen Positionen vertretet, bleibt Euer antirassistisches Kapital ein wertloser Haufen leerer Worthülsen! Und eine Nebenbemerkung: Es ist wirklich peinlich, dass Eure Stellungnahme von der Landesarbeitsgemeinschaft Migration abgesegnet und unterzeich- net wurde – von jenen also, deren Job es ist, die Belange von Migrant:innen und Geflüchtete zu unterstützen.

Ihr, liebe Grüne Bremen, seid mitverantwortlich wenn zivilgesellschaftliche Aktivist:innen, die sich für die Rechte von Geflüchteten einsetzen, bedroht werden. Ihr unterschreibt im Geiste die Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz, wenn Geflüchtete bei ihren Protesten nicht genügend Abstand ein- halten und seht weg, wenn sie nur wenige Minuten später mit Füßen getreten werden und in ihre Zimmer bugsiert werden, wo sie zum Teil mit 6 Personen auf engstem Raum leben und keine Mög- lichkeiten haben, den Raum zu lüften. Liebe Grüne Bremen, wenn Ihr findet, dass Massenunterkünfte eine adäquate Unterbringung bieten, dann packt doch einfach noch heute Eure Taschen (nicht so viel packen, denn so viel Platz habt Ihr nicht), packt Eure Kinder, Eure Großeltern und zieht in die LASt um. Zieht in die miserablen, engen und menschenunwürdigen Verhältnisse um, die Ihr mit geschaffen habt!

gezeichnet:
BIPoC Bündnis Bremen
aka diejenigen, die Ihr gern instrumentalisiert, um Euer diversity-washing zu betreiben

Stellungnahme als PDF