Noch immer weniger als zu wenig

Anders als das Sozialressort es darstellt, erhalten Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften und der Zentralen Aufnahmestelle in Bremen noch immer verfassungswidrig zu geringe Leistungen.
 

Begleitet von einer Pressemitteilung wird das Sozialressort heute in der Deputation verkünden, alleinstehende Asylsuchende in den Unterkünften erhielten „mehr Geld“. Leider ist vielfach das Gegenteil der Fall.

Das Ressort hat weit über 1.000 Menschen drei Jahre lang verfassungswidrig 10% der ohnehin viel zu niedrigen Leistungen vorenthalten. Handlungsspielraume für einen günstigeren Umgang mit dem verfassungswidrigen Gesetz wurden zuerst geleugnet und später sabotiert.

Seit fast drei Monaten ist die Behörde nun höchstgerichtlich dazu verpflichtet, nicht etwa „mehr Leistungen“ zu gewähren, wie es in der Pressemitteilung des Ressorts heißt, sondern endlich zumindest das absolute Minimum. Aber sie tut es vielfach noch immer nicht.

Das Amt für Soziale Dienste müsste die verfassungswidrigen Bescheide aller Personen mit weniger als 18 Monaten Aufenthalt auch für die Vergangenheit aufheben und entsprechend nachzahlen. Davon findet sich in der Deputationsvorlage kein Wort.

Dem Flüchtlingsrat liegen zudem Bescheide vor, die Anfang Februar 2023 neu ausgestellt wurden und die verfassungsgerichtliche Anordnung auch für die Gegenwart weiter ignorieren; es werden weiterhin unzulässig Leistungen gekürzt. Es handelt sich dabei nicht um Einzelfälle, wie die Behörde selbst eingesteht.

In den letzten Monaten neu eingetroffene Geflüchtete erhalten sogar zur Zeit überhaupt keine Leistungen, müssen also monatelang vollkommen ohne Geld auskommen. Mit dieser Verweigerung von Menschenwürde im „Sachleistungsprinzip“ hat Bremen in der Umsetzung des AsylbLG stillschweigend bayerische Verhältnisse eingeführt.

„Menschenrechtliche Minimalstandards heißen nicht umsonst so“, sagt Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat Bremen. „Das Ressort muss entsprechende Prioritäten setzen.“ Dass dies mit dem entsprechenden politischen Willen trotz Personalmangel möglich ist, zeigte sich im Januar, als neun neue Vollzeitstellen im Sozialressort angekündigt wurden – allerdings nicht um die Gewährung eines wichtigen Grundrechts zu gewährleisten, sondern um Geflüchtete schneller gegen deren Willen umverteilen zu können.“