Lindenstraße: 5 Jahre nach Eröffnung Umbau zu Mindeststandards

Fünf Jahre nach der Eröffnung des Gebäudes in der Lindenstraße soll diese so umgebaut werden, dass Mindeststandards der Menschenwürde Berücksichtigung finden. Das kommt viel zu spät und reicht nicht aus.

Es kommt zu spät, da seit der Eröffnung 2016 die Bewohner*innengezwungen waren, in „Kabinen“ zu leben, die so viel Privatsphäre zulassen wie eine Umkleidekabine im Schwimmbad. Fünf Jahre lang – davon eineinhalb Jahre lang während einer durch Aerosole verbreiteten Pandemie – waren und sind bislang die Fenster im Gebäude für die Bewohner*innen nicht zu öffnen.

Diese Unzumutbarkeiten sollen nun endlich behoben werden. Die breiten Proteste der Bewohner*innen im Frühjahr 2020 haben sicherlich dazu beigetragen, die Senatorin für Soziales zur Einhaltung menschenwürdiger Mindeststandards zu bewegen.

Die Veränderungen gehen aber nicht weit genug. Nach wie vor werden einander fremde Menschen über Monate oder Jahre gemeinsam untergebracht, können über ihre Ernährung nicht selbst entscheiden und müssen unter lagerartigen Bedingungen leben.

Die Regierungskoalition behauptet, dass eine zentrale Unterbringung anfangs im Interesse der Geflüchteten sei. Das ist nicht wahr. Beratungsangebote und auch Ärzt*innen können auch dezentral in den Stadtteilen erreichbar sein.

„Tatsächlich führt die abgeschiedene und zentrale Unterbringung zur Isolisierung und Segregation der Bewohner*innen“, so Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat. „Der Zugang zu Rechtsschutz und Informationen ist dadurch für die Betroffenen erschwert“.

Die Geflüchteten sind gegenüber mehreren Behörden, die auf schnelle und teilweise nur formelle Ablehnung des Asylantrags zusammenarbeiten in der schwächeren Position. Die Bremer Koalition versteckt sich auch hinter den bundesrechtlichen Vorschriften im Asylgesetz. Diese werden aber bereits jetzt günstiger interpretiert, wenn es um die Belegung geht.

„Wir können in der Massenunterkunft Lindenstraße sehen: Die Spielräume werden von den Behörden genutzt, wenn es im Interesse einer besseren Organisierung liegt – aber nicht im Interesse der Menschenwürde der Bewohner*innen“, so Oerter. „Für Politik und Verwaltung scheint die Entrechtung der Geflüchteten schon so selbstverständlich, dass sie kein entscheidender Gesichtspunkt mehr ist.“

Der Flüchtlingsrat lehnt „Ankunftszentren“, Erstaufnahmestellen und Lager ab: Shutdown Lindenstraße!